“Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr.” Ein ebenso bekannter wie falscher Satz. Studien haben gezeigt, dass Hans nur anders lernt und am besten seit den Hänschentagen in Übung bleibt. Das ist eine gute Botschaft in Zeiten des demografischen Wandels, der Fachkräftemangels und einer älter werdenden Gesellschaft. Lebenslanges Lernen ist möglich und nötig. “Jedes Lebensalter ist zum Lernen bestimmt und keinen anderen Sinn hat alles Menschenleben und Streben.” (Commenius)
Wie lernen wir eigentlich heute – als Erwachsene, mitten im Job, im Alltag voller Termine? Dieser Artikel beleuchtet, warum lebenslanges Lernen mehr ist als Weiterbildung – und zeigt konkrete Ideen, wie Sie das Lernen neu in den Alltag holen.
Lebenslanges Lernen ist kein Trend – es ist Überlebensstrategie
In einer Welt, in der sich Märkte, Technologien und Organisationen ständig verändern, ist das Lernen nicht mehr optional. Es ist Teil unseres Arbeitsalltags – ob wir wollen oder nicht. Die Zeiten, in denen eine Ausbildung oder ein Studium genug Wissen und Fähigkeiten für ein ganzes Arbeitsleben bereithalten und Weiterbildungen oder andere Arten des Lernens vermeintlich überflüssig machen, sind (schon lange) vorbei. Besonders für Führungskräfte und Menschen in Veränderungsprozessen bedeutet das: Lernbereitschaft und -fähigkeit werden zur zentralen Kompetenz, wenn sie erfolgreich werden möchten.
Drei Dinge, die Sie heute tun können:
Führungskräfte in der Sandwichposition sind einer besonders herausfordernden Situation ausgesetzt:
Von oben kommen strategische Entscheidungen, von unten Rückfragen, Sorgen oder auch Widerstand. Besonders in Phasen des Unternehmenswandels kann diese Doppelrolle eine echte Belastungsprobe sein und der oft zu leistende Spagat wird häufig unterschätzt.
- Druck von oben: Neue Strukturen, neue Ziele, neue KPIs – die Erwartungen der Unternehmensleitung steigen, oft ohne konkrete Umsetzungsunterstützung.
- Erwartungen von unten: Mitarbeitende wünschen sich Sicherheit, Orientierung und Mitgestaltung – auch wenn selbst noch vieles unklar ist.
- Vertrauensverlust droht in beide Richtungen: Wer zu sehr „nach oben“ orientiert ist, verliert schnell das Vertrauen der Mitarbeitenden. Wer zu kritisch nach unten kommuniziert, riskiert Reibung mit der Geschäftsleitung.
- Kommunikation auf mehreren Ebenen: Was darf, soll oder muss kommuniziert werden – und wie? Zwischen Informationsweitergabe und Interpretation wird es schnell komplex (siehe auch Punkt 2).
- Emotionale Belastung: Wenn Veränderung Widerstand auslöst – und genau Sie diesen auffangen, moderieren und gleichzeitig selbst verarbeiten müssen (siehe auch Punkt 3).
Gerade im Unternehmenswandel zeigt sich, wie anspruchsvoll diese Herausforderungen der Sandwichposition für mittlere Führungskräfte wirklich sind. Und es braucht mehr als operative Stärke – es braucht Klarheit, Haltung und eine bewusste Auseinandersetzung mit der eigenen Führungsrolle. Außerdem bietet die Situation eine enorme Chance: Wer diese Spannungsfelder erkennt und aktiv gestaltet, kann viel bewegen – für sich selbst, das Team und den Erfolg des Wandels.
Lernen beginnt bei der Haltung – nicht bei der Methode
„Wie kann ich besser lernen?“ Diese Frage taucht häufig aus. Bevor ich mich das frage, kann es helfen, erst einmal die eigene Einstellung zum Lernen zu reflektieren. Wer Lernen als Defizitausgleich betrachtet, wird nie Begeisterung entwickeln. Wer es als persönliche Bereicherung sieht, hat mehr Freude und damit auch besseren Erfolg. Und nur am Rande: Auch der Mythos von den fünf unterschiedlichen Lerntypen ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen. Ein Patentrezept gibt es also auch hier – wie so oft – nicht.
Drei Dinge, die Sie heute tun können:
- Lernidentität reflektieren: Wie denken Sie über Ihre Lernvergangenheit? Wie sprechen Sie über Ihr Lernen? Sagen Sie „Ich kann das noch nicht“ statt „Das kann ich nicht“?
- Lerngeschichten teilen: Etablieren Sie im Team kleine Runden von Lernerfolgen oder AHA-Momenten. Sie rücken die Selbstverständlichkeit des Lernens in den Fokus, wiederholen und memorieren somit die Erkenntnis und ermöglichen anderen ebenfalls einen Kenntniszuwachs.
- Vorbild sein: Zeigen Sie aktiv, dass Sie lernen – durch Nachfragen, Ausprobieren und Reflexion.
Lernen ist Beziehung – nicht nur Inhalt
„Erst im Dialog verwandelt sich das Ich-Es-Verhältnis in ein Ich-Du-Verhältnis“ (Buber) Wirkliches Lernen passiert oft nicht durch Bücher, sondern durch Begegnungen. Gespräche, Feedback oder Co-Kreation – über neue Aspekte und Perspektiven gelingt das Lernen am besten. Deshalb ist es wichtig, dem genug Raum zu geben (In meinen Trainings spielen Reflexion, Austausch sowie die richtigen Methoden eine genauso große Rolle wie der Input zum jeweiligen Thema).
Drei Dinge, die Sie heute tun können:
- Feedback als Lernimpuls nutzen: Bitten Sie gezielt um Rückmeldung auf Ihre Arbeit. -Dabei geht es nicht nur um “Daumen hoch” oder “Damen runter” sondern um das Warum. Denn nur mit diesem Wissen sind die Dinge replizierbar und/oder übertragbar auf ähnliche Aufgaben/Situationen.
- Mentoring leben: Suchen Sie sich Menschen, von denen Sie lernen – und bieten Sie selbst Begleitung an.
- Dialog fördern: Schaffen Sie mit Kolleg:innen an der Kaffemaschine, am Mittagstisch oder im Meeting regelmäßig Räume für Fragen wie: „Was hat dich zuletzt überrascht?“ oder „Was hast Du diese Woche dazu gelernt?“
Wissen ist schön – Anwendung ist besser
Der Weiterbildungsmarkt ist bunt, Begriffe wie Trainer:in und Coach nicht geschützt, ein Zertifikat kann jede:r schnell drucken. Und selbst offizielle Siegel sagen nicht wirklich etwas darüber aus, was in der Veranstaltung wirklich drin steckt. Hinzu kommt, dass Wissen allein niemanden weiterbringt. Erst das in der Lage Sein, das Wissen anzuwenden, macht es wertvoll. Gerade der Transfer in die Praxis, in den eigenen Alltag ist gar nicht so einfach. Das kann auch Fehlversuche und vor allem üben bedeuten.
Drei Dinge, die Sie heute tun können:
- Das 3×3-Prinzip nutzen: Nach jeder Lerneinheit drei Dinge notieren: Was habe ich gelernt? Wo kann ich es anwenden? Wann setze ich es um?
- Kollegiales Lernen einbauen: Machen Sie einmal pro Monat ein 30-Minuten-Meeting mit Kolleginnen, bei dem jeder ein Learning teilt.
- Lernpartnerschaften schaffen: Finden Sie jemanden, mit dem Sie sich regelmäßig über neue Erkenntnisse austauschen – wie ein Sparring für den Kopf.
Organisationen lernen durch Menschen – oder gar nicht
Lebenslanges Lernen ist nicht nur individuell zu sehen, sondern auch im Unternehmenskontext. Unternehmen, die Lernen fördern, verschaffen sich nicht nur einen Vorteil an Wissen oder Fähigkeiten, sondern haben motiviertere, leistungsstärkere und veränderungsfähigere Mitarbeitende. Umso bitterer ist es, dass an dieser Stelle oft wenig Bewusstsein vorhanden ist (was auch im Kleinen getan werden kann, z.B. siehe oben) und häufig zuerst an den Personalentwicklungsmaßnahmen gespart wird.
FÜNF Dinge, die Sie heute tun können:
- Lernräume sichtbar machen: Wo wird in Ihrem Unternehmen heute schon gelernt? Wie kann partizipiert werden? Machen Sie es sichtbar und zum Teil Ihrer Kultur.
- Lernformate etablieren: Lunch & Learn, Walk & Talk, FehlerFreitage – Möglichkeiten an kleine Impulse gibt es viele, meist mit großer Wirkung.
- Fragen statt Ansagen: Fördern Sie eine Lernkultur durch Fragen – Was haben wir gelernt? Was wollen wir anders machen?
- Lernunterstützung statt Blumensträuße: Wie wäre es mit Gutscheinen für Sprach-Apps oder Buch-Kurzzusammenfassungen, eventuell auch ein Coaching zu Geburtstagen, Jubiläen oder anderen Ereignissen?
- Externe Unterstützung: Sparen Sie nicht an Workshops oder Trainings, wenn Sie Unterstützung bei bestimmten Themen brauchen. Solche Veranstaltungen wirken – wenn sie gut konzipiert sind – weit über ihre eigentliche Dauer hinaus und üben zusätzlich zu den jeweiligen Themen Perspektivwechsel, Dialog und somit schlussendlich LERNEN.
Fazit lebenslanges Lernen
Was Hänschen nicht gelernt hat, kann Hans immer noch lernen bzw. war vielleicht damals noch gar nicht Thema/bekannt. Lebenslanges Lernen beginnt mit der eigenen Haltung, entsteht in der Begegnung und wird in Organisationen zur Kulturfrage. Es braucht keine großen Programme – oft reichen kleine Impulse mit großer Wirkung.
Welcher Praxistipp spricht Sie an? Probieren Sie ihn in den nächsten Tagen aus.
Neugierig geworden?
Wenn Sie Ihr Team oder Ihre Organisation beim Thema Lernen unterstützen möchten, dann melden Sie sich gerne direkt bei mir für ein unverbindliches Kennenlerngespräch. Oder schauen Sie bei einem meiner Spezialthemen vorbei: Veränderung, rund um die Ausbildung und GenZ, Teamentwicklung. Ich freue mich auf Sie!
